WEST-ÖSTLICHER DIVAN
Es könnte das Jahr 1827 sein. Goethe kann nicht schlafen. Er ärgert sich über Grabbe, der den Divan in seinem gerade veröffentlichten Theaterstück schmäht. Er schreibt an der Einleitung „Besserem Verständnis“. Er durchwacht eine Nacht, in der er sich durch seine Fantasie verjüngt. Im Spiegelbild sieht er sich als Hafis, er begegnet Suleika, er wird Hatem, wird Hudhud. Er findet das Paradies in seinem Bücherschrank und bittet die darin wohnende Huri um Einlass. Er durchlebt ein „Stirb und Werde“ und findet in der Poesie das Leben und jugendliche Schöpfungskraft.
Es spielen: Kerstin Kiefer, Markus Schultz, Seyed Javid Hosseini
Regie: Florian Kaiser
Regieassistenz: Svetlana Wall
Dramaturgie: Christiane Adam
Szenografie: Marcela Snášelová
Bauten und Wanderbühne: Motz Tietze
Aufführungsrechte:
Theaterverlag Hofmann-Paul, Berlin
Hintergrund
Wenige Jahre nach der Übersetzung des „Divan“ durch Joseph von Hammer-Purgstall (1812) erscheint Goethes „West- Östlicher Divan“ (1819). In seinem „West-Östlichen Divan“ stellt Goethe die große Frage nach dem Sinn unseres Seins.
„Das eigentliche, einzige und tiefste Thema der Welt- und Menschengeschichte, dem alle übrigen untergeordnet sind, bleibt der Konflikt des Unglaubens und Glaubens.“ (J.W.G., West-östlicher Divan)
Er befragt Sinnesrausch, Liebe und Religion und findet einen beständigen Sinn oder Trost nur in der Poesie. Dem Fremden nähert er sich liebevoll, und bekennt doch, dass ihm manches fremd und kurios bleibt.
Im Gesamten betrachtet stellt der „Divan“ eine außergewöhnliche Kulturleistung dar, denn er ist der Versuch, im Fremden die ureigensten Fragen zu untersuchen und ist Manifest einer Geisteshaltung, in der das Einende im Vordergrund steht. Und so verweist auch der Theaterabend auf das Verbindende in der Suche nach dem eigenen Sein im Fremden und einer Kulturtradition der Annäherung. Geleichzeitig wird aber klar, dass dieser Prozess nie abgeschlossen ist.
Die Inszenierung soll durch humorvolle Leichtigkeit und Schönheit einen unterhaltsamen Zugang zu Goethes Werk bieten.
* Kritik Rhein Neckar Zeitung; 11.06.2019
Premiere „West-östlicher Divan“
„…Kaiser, der auch Regie führt, lässt sich gar nicht erst auf eine breit ausladende, wegen der gewaltigen Materialfülle womöglich ausufernde Bearbeitung des Stoffs ein, sondern spitzt den „Divan“ mit wohlüberlegten Akzenten auf knappe 75 Minuten zu. Die kompakte Fassung reißt einige der wesentlichen Fragen an, die in dem Gedichtzyklus gestellt werden…“
„…Dass er [Goethe] unter einer Maske (von Marcela Snášelová, die auch die Kostüme schuf) agiert, ist ein Kunstgriff, der die Inszenierung prägt. Die artifizielle Physiognomie des Dichterfürsten mit weitaufgerissenen Augen, spitzer Nase und vollen Lippen oszilliert zwischen Melancholie und Komik, die Markus Schultz durch sein Spiel und seine Sprache großartig herauskitzelt. Die Maske relativiert zugleich eine mögliche Überhöhung des „Olympiers“…“
„…wundersame Begegnung der zwei Poeten auf Augenhöhe…“
„…Das „Stirb und werde“-Motiv im „Divan“ wird auf ebenso anrührende wie symbolhafte Weise in Szene gesetzt…“